Stoppt die Vorratsdatenspeicherung!

"Stoppt die Vorratsdatenspeicherung" ist eine im österreichsichen Parlament eingebrachte Bürger_inneninitiative die von 106.067 Bürger_innen - darunter auch einigen Expert_innen in den Bereichen Grundrechte, Menschenrechte, IT und Datenschutz - unterstützt wird.

Sie wurde von epicenter.works (vormals Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung) initiiert.

Text der Bürger_inneninitiative

Parlamentarische Bürger_inneninitiative betreffend:

“Stoppt die Vorratsdatenspeicherung”

Für eine Abschaffung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung 2006/24/EG und Evaluation sämtlicher Terrorgesetze

Seitens der Einbringer_innen wird eine Bundeskompetenz in folgender Hinsicht angenommen:
Der österreichische Nationalrat kann die österreichische Regierung beauftragen Positionen in den EU-Ministerrat einzubringen. Weiter sind alle Terrorgesetze Bundesgesetze und damit Bundeskompetenz.

Anliegen

Der Nationalrat wird ersucht: die österreichische Regierung aufzufordern, sich für die Aufhebung der EU-Richtlinie zur verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung (2006/24/EG) und für ein europaweites Verbot der verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung einzusetzen. Darüber hinaus wird der Nationalrat ersucht die bestehenden Terrorgesetze (einschließlich der Vorratsdatenspeicherung) zu evaluieren und falls diese entweder nicht notwendig oder nicht verhältnismäßig sind zurückzunehmen und das in der Verfassung verankerte Menschenrecht auf Privatsphäre wieder herzustellen.

Begründung

Bei der Vorratsdatenspeicherung werden von jedem Menschen in Europa sensible persönliche Daten ohne jeden Verdacht gespeichert. Alle die in Europa ein Telefon benutzen, E-Mails verschicken oder sich mit dem Internet verbinden sind davon betroffen. Aus den Daten können persönliche und geschäftliche Beziehungen mühelos abgelesen werden. Bei Telefonaten mit Mobiltelefonen werden noch dazu Standortinformationen gespeichert, aus denen ein genaues Bewegungsprofil erstellt werden kann. Deshalb stellt die verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung einen massiven Eingriff in das Grundrecht auf Privatsphäre (Artikel 8 der europäischen Menschenrechtskonvention im Verfassungsrang) dar. Die EU-Richtlinie verlangt eine grundrechtskonforme Umsetzung die in der jetzigen Form der Richtlinie nicht möglich ist.

In mehreren Staaten ist die Umsetzung der EU-Richtlinie 2006/24/EG vom jeweils nationalen Verfassungsgerichtshof bereits für verfassungswidrig erklärt worden. Die Evaluierung der Richtlinie durch die Europäische Kommission ergab keinerlei Belege für eine Notwendigkeit der Vorratsdatenspeicherung. In Hinblick auf die Grundrechtseingriffe soll die Richtlinie nun überarbeitet werden. Der österreichische Nationalrat wird mit dieser Bürgerinitiative ersucht, der österreichischen Regierung den Auftrag zu erteilen im EU-Ministerrat für eine Abschaffung der Richtlinie 2006/24/EG und für das Verbot von verdachtsunabhängiger Vorratsdatenspeicherung in der EU einzutreten. Ebenso wird der Nationalrat ersucht die bestehenden Terrorgesetze zu evaluieren und wenn diese entweder in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig oder nicht verhältnismäßig sind zurückzunehmen und das in der Verfassung verankerte Menschenrecht auf Privatsphäre wieder herzustellen.

Timeline der Bürger_inneninitiative

Mehr dazu:

Verfassungsbeschwerde zur österreichischen Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung

Christof Tschohl und Ewald Scheucher wenige Minuten nachdem die Vorratsdatenspeicherung durch den Vfgh gekippt wurde.
Christof Tschohl (rechts) und Ewald Scheucher (links) wenige Minuten nachdem die Vorratsdatenspeicherung durch den Vfgh gekippt wurde. Foto: CC-BY Andreas Demmelbauer

Nachdem die Vorratsdatenspeicherung am 1. April 2012 in Österreich Realität wurde, haben 11.139 Bürger_innen am 15. Juni 2012 eine gemeinsame Verfassungsklage (formell: Individualantrag) beim österreichischen Verfassungsgerichthof (kurz Vfgh) eingebracht. Dieser teilte die Bedenken und richtete am 28. November 2012 einen Fragenkatalog an den Europäischen Gerichtshof (kurz EuGH).

Am 8. April 2014 wurde die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vom EuGH als grundrechtswidrig erklärt und letztendlich wurde auch die österreichische Umsetzung am 27. Juni 2014 durch den Vfgh gekippt.

Siehe dazu: verfassungsklage.at und Wikipedia